Die Sprache der MPU-Gutachter – was ist damit gemeint?
Die Sprache der MPU-Gutachter – was ist damit gemeint?

Die Sprache der MPU-Gutachter – was ist damit gemeint?

„Was redet der da?“ – so sprechen MPU-Gutachter

Die Sprache der MPU – wichtig, um MPU-Gutachter zu vertehen? „Was soll daran besonders sein? Ist doch nur ein Gespräch.“ So äußerte sich letztens ein Klient – eigentlich eher untypisch. Viele Menschen erleben das MPU-Gespräch mit dem psychologischen Gutachter eher als eine Art Prüfungsgespräch. Das ist verständlich. Auch wenn es keine Noten gibt – es hängt doch sehr viel davon ab.

Auch mein oben zitierten Klient  hatte bestimmt schon Gesprächssituationen gehabt, bei denen er bemerkte: „Ups, das war wohl nicht so clever“. Bezogen auf die MPU heißt das oft: Ob es nun das Glas oder der berühmte „eine Wein zu viel“ war, ein paar Pünktchen in Flensburg oder das große Abenteuer auf zwei Rädern mit 100 km/h durch die Innenstadt – am Ende steht oft der Termin bei einem MPU-Gutachter.

Und dann sitzt man da. In einem neutral möblierten, eher steril wirkenden Raum. Gegenüber: Ein Mensch mit Stift, Block, aufgeklapptem Notebook und vielen Fragen. Sehr viele Fragen. Komplexe Fragen. Und vor allem: Fragen in einer Sprache, die für viele klingt wie Fachchinesisch mit Beipackzettel-Flair. Was will diese Person da eigentlich „wirklich“ von mir?

Beruhigend dann, wenn man den Eindruck hat, das Gespräch kann man locker angehen. Die Fragen wirken v.a. anfangs oft harmlos oder sogar nebensächlich. Dabei bleibt es nicht. Die Sprache, die Gutachter verwenden, ist präzise gewählt. Oft steckt hinter einer einfachen Frage ein tieferer psychologischer Hintergrund. Aber – keine Angst: wir sprechen darüber.

Willkommen in der Welt der MPU-Sprache!

Am Beispiel einiger Fragen entschlüssle ich die „Codes“, beleuchten typische Formulierungen und helfe Ihnen, das Gutachter-Deutsch in normales Mensch-Deutsch zu übersetzen. Zugegeben: vergnügungssteuerpflichtig ist das nicht. Ich lese auch lieber einen guten Roman. Doch – darum geht es nicht. Vielmehr geht es um das, was Sie bei der MPU erwartet. Erfahren Sie, wie MPU-Gutachter so „ticken“, welche Sprache sie benutzen und was sie mit bestimmten Begriffen wirklich meinen. Wer das versteht, kann besser reagieren – und vermeidet Missverständnisse, die den Erfolg gefährden könnten.

Warum sprechen MPU-Gutachter so unverständlich und „komisch“? Warum reden die nicht Klartext?

MPU-Gutachter sind Psychologen, die nach bestimmten Kriterien bewerten müssen, ob jemand wieder „fit“ für den Straßenverkehr ist. Ihre Aufgabe ist nicht, zu belehren oder zu strafen, sondern zu prüfen, ob sich etwas im Denken und Verhalten der Klienten verändert hat. Klingt einfach? Ja – wäre da nicht die Notwendigkeit, dies auch fachlich fundiert und nachvollziehbar zu begründen.

Und hier kommt die Fachsprache ins Spiel. Ein Begriff wie „Einsichtsfähigkeit“ sagt eben mehr als „Ich weiß, dass das doof war“. Nur leider klingt es auch nicht gerade wie etwas, das man beim Frühstückskaffee sagt.

Typische Formulierungen – und was sie wirklich bedeuten

Hier kommen ein paar Klassiker aus der Welt der MPU-Gespräche und – etwas später im Text – MPU-Gutachten (weil das Fachchinesisch dort zu Höchstform aufläuft) – samt Übersetzung und praktischer Einordnung:

Aus der Welt der
MPU-Gespräche

„Wie kam es damals zu der Fahrt unter Alkohol-/Drogeneinfluss?“

Was gemeint ist:
„Wie kam es dazu?“ ist keine rhetorische Frage. Die Gutachterin fragt das nicht aus Neugier, sondern um zu sehen, ob Sie Ihre eigene Geschichte verstehen – ohne Ausflüchte, aber auch ohne Selbstzerfleischung. Sie interessiert sich nicht vordergründig für Details wie den Ort oder die Uhrzeit (obwohl Sie diese ebenfalls unbedingt kennen sollten) – sondern für Ihre persönliche Sichtweise auf das damalige Verhalten.

Was er hören will:

  • Haben Sie verstanden, wie es dazu kommen konnte?
  • Übernehmen Sie Verantwortung?
  • Verstehen Sie die Dynamik hinter Ihrem Verhalten?

Tipp: Erzählen Sie ehrlich – aber mit dem Fokus auf Ihre heutige Sichtweise und Ihre innere Entwicklung.

„Was hat sich seitdem verändert?“

Was gemeint ist:
Hier geht es nicht um Äußerlichkeiten, sondern um echte Verhaltensänderung. Neue Einsichten, andere Einstellungen, neue Gewohnheiten – all das zählt. Bestenfalls können Sie zahlreiche Beispiele aus Ihrem Alltag schildern, die eindrücklich Ihre Erfahrungen diesbezüglich schildern.

Was er hören will:

  • Gab es eine echte Auseinandersetzung mit der Situation?
  • Können Sie konkret benennen, was Sie heute anders machen?
  • Sind Ihre Veränderungen glaubhaft und dauerhaft?

Tipp: Nennen Sie konkrete Beispiele. Allgemeine Aussagen wie „Ich trinke weniger“ reichen nicht. Daher – legen Sie sich eine Art Tagebuch zu.

„Wie gehen Sie heute mit Stress oder Problemen um?“

Was gemeint ist:
Früher war Alkohol oder ein anderes Verhalten vielleicht eine Art „Lösung“ – wie ist das heute?

Was er hören will:

  • Haben Sie neue, konstruktive Strategien?
  • Können Sie erkennen, in welchen Situationen Sie gefährdet sind?
  • Haben Sie Tools, die Ihnen helfen?

Tipp: Gutachter hören hier genau hin. Sie suchen nach Selbstkontrolle und realistischen, alltagstauglichen Wegen, mit belastenden Situationen umzugehen.

„Wie stellen Sie sicher, dass so etwas nicht noch einmal passiert?“

Was gemeint ist:
Dies ist eine Frage nach Ihrer Rückfallprophylaxe. Es geht darum, wie Sie heute vorbeugen – nicht nur, dass Sie es „nicht mehr wollen“ – das dürfte klar sein.

Was er hören will:

  • Haben Sie sich mit Risikosituationen auseinandergesetzt?
  • Gibt es bewusste Entscheidungen, klare Grenzen, Unterstützungssysteme?

Tipp: Machen Sie deutlich, dass Sie aus Ihrem Delikt und dessen Folgen gelernt und die richtigen Schlüsse gezogen haben – und auf kritische Situationen vorbereitet sind. Insbesondere verharmlosen Sie das Geschehene nicht und wissen um die Bedeutung des potentiellen Rückfallrisikos.

„Warum ist Ihnen der Führerschein wichtig?“

Was gemeint ist:
Der Gutachter will wissen, welche Bedeutung Mobilität für Sie hat – aber auch, ob Sie den Führerschein vielleicht überbewerten.

Was er hören will:

  • Nutzen Sie ihn verantwortungsvoll?
  • Ist Ihnen bewusst, dass er mit Verantwortung verbunden ist?
  • Gibt es auch andere Gründe, weshalb Sie die MPU bestehen wollen, außer dem Führerschein?

Tipp: Zeigen Sie, dass Sie sich nicht nur durch den Führerschein definieren – sondern verantwortungsbewusst damit umgehen wollen. Ganz besonders wichtig: auch wenn der Führerschein wichtig ist – machen Sie bei der MPU deutlich, dass mindestens so wichtig all die Verhaltensänderungen sind, die Sie zwischenzeitlich umgesetzt haben.

„Wie schätzen Sie Ihr damaliges Verhalten heute ein?“

Was gemeint ist:
Diese Frage prüft Ihre Einsichtsfähigkeit. Der Gutachter möchte sehen, ob Sie aus heutiger Sicht erkennen, was damals falsch lief.

Was er hören will:

  • Haben Sie Ihre damalige Einstellung überdacht?
  • Verstehen Sie heute die Risiken und Folgen besser?

Tipp: Seien Sie selbstkritisch, aber konstruktiv. Wichtig ist, dass Sie Ihre Fehler anerkennen und daraus gelernt haben.

Weitere Fallstricke:

Vorsicht vor dem „Ja, aber…“

„Ja, ich bin zu schnell gefahren, aber es war kaum Verkehr.“ – Klingt harmlos, riecht aber nach Verharmlosung. Das ist der natürliche Feind der Glaubwürdigkeit. Also: Kein „Aber“, sondern ein klares „Ich war verantwortlich – Punkt.“

Emotionen zeigen ist erlaubt – pathetische Reden eher nicht.

Sie müssen nicht textsicher wie aus dem Lehrbuch sprechen. Ein wenig Emotion zeigt, dass Sie bei sich angekommen sind. Aber bitte kein Shakespeare-Drama über den Wendepunkt im Leben durch das MPU-Schreiben. Bleiben Sie im Zweifel nüchtern – „Redeflatulenz“ fördert Ihre Glaubwürdigkeit eher weniger.

Manche meinen: „Ich muss nur die richtigen Vokabeln lernen – dann klappt’s mit dem Gutachten.“ Ein Irrtum! Natürlich hilft es, die Sprache zu verstehen – aber es geht nicht um Schauspielerei.

Der Satz „Ich habe Verantwortung übernommen“ bringt nichts, wenn der Rest der Geschichte klingt wie: „Aber eigentlich war’s gar nicht so schlimm.“ Gutachter*innen haben ein ziemlich feines Radar für Widersprüche – und genau das ist ihr Job.

Sprache zwischen den Zeilen – was Gutachter nie direkt sagen, aber oft meinen

MPU-Gutachter formulieren oft neutral. Sie sagen nicht „Das glaube ich Ihnen nicht“, sondern stellen eine Rückfrage. Sie sagen nicht „Das reicht mir nicht“, sondern fragen nach einem weiteren Beispiel. Die wahre Kunst besteht darin, nicht nur auf die Worte, sondern auf das wie zu achten.

Tipps zum „MPU-Smalltalk“ mit Tiefgang

Achten Sie auf Hinweise wie:

  • „Können Sie das konkretisieren?“ → Ihr Beispiel war zu allgemein.
  • „Was meinen Sie mit ‚ich war gestresst‘?“ → Der Gutachter will mehr Tiefe.
  • „Wie lange machen Sie das schon?“ → Es geht um Langfristigkeit, nicht spontane Ideen.
  • Auch das Umformulieren einer Frage bedeutet schlicht: bitte konkreter werden.

Tipp: Nehmen Sie solche Fragen als Chance. Der Gutachter will Sie besser verstehen.

Und nun noch ergänzend –
aus der Welt der MPU-Gutachten

Welt der MPU-Gutachten

Ein Gutachten zu lesen macht den Klienten meist keinen Spaß – sie blättern oft auf die letzte Seite und wollen nur wissen: positiv oder negativ? Ich würde vermutlich genauso agieren. Denn – was zwischen der ersten Seite und der letzten Seite geboten wird, ist … – lassen wir das.

Wer es dennoch tut, wird sich mit Formulierungen wie folgend auseinandersetzen müssen. Starten wir – und: bleiben Sie bitte bis zum Ende dabei. Am Ende sind Sie definitiv schlauer:

„Es zeigte sich eine kritische Auseinandersetzung mit dem früheren Verhalten.“

Übersetzung:
Die Person hat wirklich über das eigene Fehlverhalten nachgedacht – nicht nur schnell ein paar Floskeln abgespult.

Was deutlich wurde:
Die entspr. Person konnte erfolgreich zeigen, dass Sie nicht einfach sagt „Ich fahr nie wieder betrunken“, sondern warum das früher passiert ist und was sich heute daran geändert hat. Stichwort: Ursachen verstehen! Siehe auch weiter oben im Text (z.B. Rückfallprophylaxe).

 „Die Verantwortung für das damalige Verhalten wird übernommen.“

Übersetzung:
Finger weg vom Schwarzen Peter-Spiel! – erfolgreich gezeigt.

Was erwartet wurde:
Nicht der böse Kumpel, die stressige Ex oder die harte Woche sind schuld – Sie haben sich entschieden, ins Auto zu steigen. Wer das ehrlich erkennt, ist auf dem richtigen Weg.

 „Verhaltensmuster wurden reflektiert und geändert.“

Übersetzung:
Der Autopilot ist ausgeschaltet, und das eigene Verhalten wird bewusst gesteuert.

Was erwartet wurde:
Was war das Muster? Immer montags zu viel Stress, dann zwei Bier, dann Autofahren? Gutachter wollen hören, dass Sie dieses Muster verstanden haben – und eine Strategie haben, es zu durchbrechen.

 „Ein stabiler Verhaltensänderung im Umgang mit Alkohol ist erkennbar.“

Übersetzung:
Kein Lippenbekenntnis. Sie meinen es ernst mit dem geänderten Alkoholkonsum – und konnten das auch glaubhaft machen.

Was Sie durch eine gutachterliche Aussage wie oben geschafft haben:
Ob abstinent oder kontrolliert – es zählt, dass Sie konsequent und überzeugend darlegen konnten, wie Ihr neues Verhalten aussieht – und warum Sie sich so entschieden haben.

 „Ein Rückfallrisiko erscheint unter den aktuellen Bedingungen gering.“

Übersetzung:
Es gibt keine roten Flaggen, dass das Ganze bald wieder von vorne losgeht.

Was gezeigt wurde:
Gutachter fragen sich: Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie in alte Muster zurückfallen? Wer zeigen kann, dass er Mechanismen zur Selbstkontrolle hat (z. B. keine Feiern mit Promillezwang, stabiler Freundeskreis, neue Routinen), punktet.

Verstehen schafft Vertrauen: Die Sprache der MPU-Gutachter ist kein Rätsel – wenn man weiß, worauf es ankommt

Die Sprechweise der MPU-Gutachter ist nicht dazu da, Sie in die Falle zu locken. Sie ist präzise – weil sie herausfinden wollen, ob Sie heute anders denken und handeln als früher. Wenn Sie diese Sprache verstehen, können Sie sicherer und klarer kommunizieren. Man muss nicht Psychologie studieren, um eine MPU zu bestehen. Aber man sollte verstehen, dass die Sprache der Gutachter eine Tür zu tieferen Ebenen öffnet. Wer sie spricht – oder zumindest versteht – hat einen klaren Vorteil.

Und wenn Sie mal wieder vor dem Satz sitzen: „Es zeigte sich ein angemessenes Maß an Einsicht und Selbstkritik“, dann können Sie künftig sagen: „Ach, das heißt einfach: Ich hab’s kapiert – und ich steh dazu.“

Bonus-Tipp zum Schluss:

Wenn ein Gutachter lange schweigt und dann fragt: „Und was denken Sie heute darüber?“ – dann ist das kein Smalltalk. Es ist Ihre Bühne. Nutzen Sie sie!

Was ich für Sie tun kann:

MPU-Vorbereitung: Zwischen Coaching, Selbstreflexion und Sprachkurs

Ein professionelles MPU-Vorbereitungsgespräch ist also keine Nachhilfe in Psychologie-Slang, sondern eine Reise zu sich selbst. Als freiberuflicher Psychologe mit viel Erfahrung in der MPU-Vorbereitung helfe ich Ihnen gerne, die Sprache der Gutachter nicht nur zu verstehen – sondern auch souverän zu sprechen. Gut gemachte Vorbereitung bedeutet:

  • Ehrliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit
  • Verstehen, wie und warum etwas passiert ist
  • Entwicklung realistischer und glaubwürdiger Zukunftsstrategien
  • Verständnis der „Sprache der Gutachter“ – ohne sie nachzuplappern

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