„So schlimm war das doch gar nicht!“
Viele Menschen, die zur MPU müssen, blicken auf ihre Fahrt unter Alkoholeinfluss zurück und denken: „Ich war doch noch klar im Kopf.“ Oder: „Andere fahren viel betrunkener.“ Dieses Denken ist verständlich – aber gefährlich. Denn es verharmlost die reale Bedrohung, die von Alkoholfahrten ausgeht.
Weshalb Alkoholfahrten tatsächlich so riskant sind, welche psychologischen Mechanismen zur Verharmlosung führen – und warum das für Ihre MPU entscheidend ist – darum soll es hier gehen.
Alkohol am Steuer: Was passiert im Körper – und im Kopf?
Bereits ca. 15 min. nach dem ersten Schluck Alkohol kann der Alkohol „in den Kopf steigen“. Und das ist schon ab 0,3 Promille (grob: halber Liter Bier) spürbar. Wenngleich – meist bemerken es eher die anderen als man selbst. Das Reaktionsvermögen (Übertragung von Nervenimpulsen) und die Aufmerksamkeitsspanne (Fähigkeit, sich auf mehrere Reize gleichzeitig zu konzentrieren) nehmen ab. Gleichzeitig steigen Risikobereitschaft (präfrontaler Kortex gibt quasi die Kontrolle ab – „man wird eher zum ‚Tier‘ „) und sinkt die Hemmschwelle.
Na und? – Naja: Wenn es einem nichts ausmacht, dass man bei plötzlichen Ereignissen (und die sind im Verkehr permanent vorhanden) wie z.B. das plötzliche Auftauchen eines Fusßgänders auf der Strasse oder das unerwartete Bremen des vorausfahrenden Fahrzeugs, verzögert reagiert. Ja, dann kann man sagen: „Schwamm drüber“. Allerdings sollte man sich dann nicht wundern, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahreignung hinterfragt.
Ab 0,5 Promille nehmen viele Menschen Risiken nicht mehr realistisch wahr – obwohl sie sich noch relativ nüchtern fühlen.
Typische Effekte:
- massive Überschätzung der eigenen Fähigkeiten
- Unterschätzung von Geschwindigkeiten und Fehleinschätzung von Distanzen
- Verzögerte Reaktionen bei plötzlichen Ereignissen – eine Folge der Alkoholwirkung auf Wahrnehmungsleistung und rechtzeitiges Ansteuern der Muskulatur
Das Gefährliche: Je mehr Alkohol im Spiel ist, desto weniger merken Sie, wie stark Sie bereits eingeschränkt sind.
Ab 0,8 Promille geht es so langsam „ans Eingemachte“. Nicht nur dass die bisherigen Einschränkungen massiver werden, es setzt z.B. auch der sog. Tunnelblick ein, die Wahrnehmungsleistung wird auch ansonsten stark beeinträchtigt (Farbsehen, Tiefenschärfe, Hell-Dunkel-Adaptation usw.).
Das Risiko in Zahlen
- Laut Statistischem Bundesamt (Bericht 2022) war in Deutschland jede 16. tödliche Verkehrsunfallfahrt alkoholbedingt.
- Fahrer unter Alkoholeinfluss verursachen besonders häufig Unfälle mit Personenschäden.
- Bereits bei 0,5–0,8 Promille steigt das Unfallrisiko um das Zwei- bis Vierfache – im Vergleich zu nüchternen Fahrern.
Diese Zahlen zeigen: Auch mäßiger Alkoholkonsum kann tödliche Folgen haben – nicht nur für Sie, sondern für Unbeteiligte.
„Mir ist ja nichts passiert…“ – der Denkfehler
Viele sagen: „Ich bin doch sicher gefahren.“ Oder: „Ich hatte die Kontrolle.“
Das Problem: Rückblickend bewerten wir unsere Handlung meist milder – vor allem, wenn es glimpflich ausgegangen ist. Aber: Nur weil nichts passiert ist, heißt das nicht, dass es nicht gefährlich war. Wer regelmäßig Risiken eingeht, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann ernsthaft schiefgeht. Wir lernen am „Erfolg“ – und der wird definiert durch das Erreichen der subjektive gesetzten Ziele im alkoholisierten Zustand. Es spielt also keine Rolle, ob der „Erfolg“ positiv oder negativ konnotiert ist.
Was das mit Ihrer MPU zu tun hat
In der MPU geht es nicht nur um Ihr Verhalten in der Vergangenheit, sondern um Ihre Einstellung heute. Der Gutachter möchte sehen:
- Haben Sie die Gefährlichkeit Ihrer Alkoholfahrt wirklich verstanden?
- Verstehen Sie, dass es nicht um Promillegrenzen, sondern um Verantwortung geht?
- Können Sie nachvollziehen, warum Sie zur MPU müssen – auch wenn nichts passiert ist?
Kurz gesagt: Wer die Gefahr verharmlost, fällt durch. Wer sie ehrlich erkennt, zeigt Reife und Verantwortungsbewusstsein.
Wie Sie zeigen, dass Sie die Gefahr heute anders bewerten
Gutachter achten auf Aussagen wie: „Mir war damals nicht klar, wie schnell ich die Kontrolle verlieren kann.“ Oder: „Ich habe verstanden, dass schon kleine Mengen Alkohol mein Fahrverhalten verändern.“. Wichtig ist, dem Gutachter zu zeigen, dass man aus der Vergangenheit gelernt hat, z.B. so: „Heute würde ich in solchen Situationen nie mehr fahren – ich plane anders.“ Selbstverständlich wird erwartet, dass man darüber hinaus noch deutlich konkreter wird und dies nachvollziehbar darstellen kann.
Tipp: Vermeiden Sie Sätze wie „Ich war gar nicht so betrunken“ oder „Andere sind schlimmer“. Diese wirken ausweichend – und zeigen keine echte Auseinandersetzung. Psychologen sehen darin eine „Verantwortungsdelegation“: „ich war’s nicht, es waren meine Kumpels, die mich angestiftet haben“.
Gefahr anerkennen heißt Verantwortung übernehmen
Eine Alkoholfahrt ist nie harmlos – auch wenn sie ohne Unfall endet. Wer zur MPU muss, hat die Verantwortung, sein Verhalten nicht nur zu rechtfertigen, sondern kritisch zu hinterfragen. Wenn Sie zeigen, dass Sie die Gefahr heute erkennen und daraus gelernt haben, senden Sie ein starkes Signal: Ich bin bereit, Verantwortung zu tragen.
Verharmlosen Sie Ihre Fahrt (noch)?
In einem Erstgespräch prüfen wir gemeinsam, wie Sie über Ihre Alkoholfahrt sprechen – und wie das beim Gutachter wirkt. Buchen Sie gleich Ihren Einzelberatungstermin und lassen Sie uns darüber sprechen: