Trinksprüche gelten oft als cool, weil sie eine humorvolle und gesellige Atmosphäre schaffen. Sie tragen zur Feierlaune bei, fördern das Gemeinschaftsgefühl und können dazu beitragen, das Eis zu brechen. Außerdem haben viele Trinksprüche kulturelle und historische Wurzeln, was sie interessant und einzigartig macht. 🎉🍻
Natürlich – s’geht auch ganz ohne Trinkspruch …
Selbst der große Goethe sinnierte über das Trinken:
„Trunken müssen wir alle sein!
Jugend ist Trunkenheit ohne Wein;
Trinkt sich das Alter wieder zu Jugend,
So ist es wundervolle Tugend.
Für Sorgen sorgt das liebe Leben,
Und Sorgenbrecher sind die Reben.“
– Johann Wolfgang von Goethe [1749 – 1832]
Warum Trinksprüche so gefährlich sein können – nicht nur für die Gesundheit
Bevor wir uns einige Sprüche genauer ansehen, ein kurzer Exkurs in die Psychologie: Trinksprüche dienen nicht nur zur Unterhaltung. Sie sind oft gesellschaftlich akzeptierte, humorvolle Floskeln, die uns indirekt dazu anregen, mitzutrinken – oft sogar mehr, als uns lieb ist. „Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren“ klingt harmlos, doch wer will schon als „Spielverderber“ gelten und das „Gläschen in Ehren“ ablehnen? Für viele Menschen wird hier der innere Widerstand gebrochen, und so beginnt ein Teufelskreis des sozialen Drucks und unbewussten Mitmachens.
Einige der bekannten Trinksprüche können dabei eine recht verharmlosende Wirkung entfalten, die das tatsächliche Risiko des Alkoholkonsums in den Hintergrund drängt. Gerade wenn es um die Verkehrssicherheit geht, ist ein bewusster und maßvoller Umgang mit Alkohol entscheidend.
Und – ja, ich weiß: der Glühwein gehört für viele zur Vorweihnachtszeit: „I trink nur Glühwein vo glücklichen Glühen“ – wie man in Bayern sagt. Ein enthemmtes Trinkverhalten durch Trinksprüche kann aber früher oder später zur MPU führen.
Sprüche und ihre Wirkung im Detail
- „Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken.“
Psychologische Wirkung: Dieser Spruch fokussiert auf die Qualität und den Genuss des Alkohols. Auf den ersten Blick klingt das völlig unproblematisch – wer möchte schließlich schlechten Wein trinken? Doch die versteckte Botschaft ist, dass das Leben ohne Alkohol nicht in vollen Zügen genossen werden kann. Das kann dazu führen, dass Menschen dazu ermutigt werden, öfter und bewusster (aber nicht unbedingt maßvoller) zu trinken. Solche Genuss-Verherrlichungen könnten zu einem schleichenden Anstieg des Konsums führen, der schließlich in die Gefahrzone der MPU führt.
- „Oans, zwoa, g’suffa!“
Psychologische Wirkung: Der Klassiker auf dem Oktoberfest ist ein Paradebeispiel für Gruppendynamik und sozialen Druck. Hier wird das Trinken als gemeinschaftliche Aktivität dargestellt, bei der niemand zurückbleiben will. Besonders in festlicher Atmosphäre kann dieser Spruch den Anreiz schaffen, mit der Gruppe mitzuhalten und die Hemmschwelle für den Alkoholkonsum senken. Die Realität? Viele trinken mehr, als sie geplant hatten. Eine Herausforderung, denn diese Analyse zeigt, dass die eigene Selbstkontrolle bei solchen Gruppeneinflüssen leicht untergraben wird. Oft genug berichten mir Klienten, wie sie dem Gruppendruck nachgegeben haben. Wer sich dabei ertappt, regelmäßig solchen Gruppensituationen nachzugeben, läuft Gefahr, sich einer MPU schneller gegenüberzusehen, als ihm lieb ist.
- „Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren.“
Psychologische Wirkung: Dieser Spruch spielt auf das Prinzip der Höflichkeit an und erzeugt subtilen sozialen Druck. Wer will schon als Spielverderber gelten, wenn man das „Gläschen in Ehren“ einfach ablehnen könnte? Dieser Druck führt oft dazu, dass Menschen trinken, auch wenn sie es vielleicht gar nicht möchten. Gerade Personen, die Schwierigkeiten haben, „Nein“ zu sagen oder gar auf Alkohol verzichten, laufen hier Gefahr, in einen ungünstigen Trink-Rhythmus zu geraten. Sich dennoch zu behaupten, setzt ein gewisses Maß an Selbstbestimmtheit und Entscheidungsstärke im Umgang mit Alkohol voraus.
- „Melkt der Bauer seinen Stier, trank der Trottel zu viel Bier.“
Psychologische Wirkung: Hier haben wir einen Spruch mit einer eher humorvoll-warnenden Note. Er zeigt, dass übermäßiger Alkoholkonsum oft zu peinlichen oder unangenehmen Situationen führt. Dieser Spruch könnte Menschen helfen, über ihren Konsum nachzudenken und ihre eigenen Grenzen nicht zu überschreiten. Will man der Begutachtungssituation etwas Humorvolles abgewinnen, könnte er als Beispiel genutzt werden, um die Fähigkeit zur Selbstreflexion zu zeigen und dem Gutachter zu verdeutlichen, dass man seine Trinkgewohnheiten überdacht hat.
- „Was früher meine Leber war, ist heute eine Minibar!“
Psychologische Wirkung: Dieses Zitat wirkt witzig, aber es glorifiziert auch die negativen Auswirkungen von Alkohol auf die Gesundheit. Wer stolz darauf ist, dass die eigene Leber einem Tresen ähnelt, hat möglicherweise die Gefahren des Alkoholkonsums noch nicht ausreichend erkannt. Wer solche Sprüche ernsthaft verwendet, zeigt, dass er den Konsum möglicherweise nicht unter Kontrolle hat – eine Botschaft, die bei der MPU negativ aufgefasst wird. Die Gutachter sprechen dann von einer Verharmlosungstendenz. Und die führt relativ rasch zu einem negativen Gutachten.
Jetzt aber mal „Butter bei de Fische“ – wie können denn Trinksprüche zur MPU führen?
Trinksprüche wie die Genannten (und es gibt so viel mehr) können indirekt zur MPU führen, da sie den Umgang mit Alkohol verharmlosen und Konsummuster fördern bzw. zu Trinkverhalten führen können, die uns oft selbst erst zu spät auffallen.
Besonders in Gruppensituationen entstehen Situationen, in denen der eigene Konsum im Vergleich zu anderen „normal“ erscheint. Doch spätestens in der MPU zählt, wie der Konsum das Verhalten und die Selbstkontrolle beeinflusst haben. Alkohol hat die Fähigkeit, uns zu enthemmen und unser Verhalten zu beeinflussen – und oft nutezn wir Trinksprüche, um uns genau davor zu schützen und unser Selbstbild aufrecht zu erhalten.
Die MPU ermöglicht einschlägig aufgefallenen Verkehrsteilnehmer eine Art „zweite Chance“. Doch es geht hier nicht nur darum, nüchtern Auto fahren zu können. Vielmehr wird geprüft, ob die betreffende Person ihren Alkoholkonsum im Griff hat und ob sie das nötige Maß an Selbstreflexion und Verantwortungsbewusstsein mitbringt, das für die Teilnahme am Straßenverkehr unerlässlich ist. Trinksprüche wie die genannten spielen oft eine Rolle in der Art und Weise, wie Menschen ihren Alkoholkonsum wahrnehmen und legitimieren – und können zu problematischem Verhalten führen.
Tipps
Es ist möglich, Trinksprüche in geselliger Runde zu verwenden, ohne dabei die Kontrolle über den eigenen Konsum zu verlieren. Denn häufig stellen wir nach einer durchzechten Nacht fest: „Nüchtern betrachtet, war es betrunken doch nicht so lustig.„
Hier einige Tipps, die helfen können, das nächste Mal etwas bewusster mit diesen Sprüchen umzugehen – denn: „Warum den Kater füttern, wenn man ihn vermeiden kann?„
- Trinksprüche gezielt auswählen
Nicht jeder Trinkspruch muss zum übermäßigen Konsum animieren. Man kann auch solche wählen, die eher auf das Maßhalten abzielen oder ein Lächeln ohne den Hintergedanken an steigenden Konsum erzeugen: „Ein Glas auf die, die nie vergessen, dass Lächeln die beste Art ist, seine Zähne zu zeigen!„ - Achtsamkeit im Umgang mit Alkohol entwickeln
Versuche, dir deiner eigenen Grenzen bewusst zu sein, und führe dir immer vor Augen, dass das Hauptziel einer geselligen Runde das Zusammensein ist, nicht der Alkoholkonsum. - In der Gruppe moderieren
Auch in der Gruppe kann man darauf achten, dass niemand unter Druck gerät, mehr zu trinken als geplant. Ein „Ein Hoch auf die kleinen Freuden des Lebens – und auf die großen Gläser Wasser!“ könnte die Stimmung entspannen. - Reflexion über den eigenen Konsum
Wer sich gelegentlich selbst kritisch hinterfragt, wird sein Trinkverhalten besser einschätzen können. „Niemals vergessen – sechs Bier sind ein Essen!„ - Alternative Feierrituale
Anstoßen und feiern funktioniert auch ohne Alkohol. Wie wäre es mit einem symbolischen „Toast“ auf die Freundschaft, bei dem nicht jedes Mal das Glas gehoben werden muss? „Immer die Wahrheit zu sagen, bringt einem wahrscheinlich nicht viele Freunde. Aber dafür die Richtigen.„
Trinksprüche mit Maß und Verantwortung einsetzen
Trinksprüche gehören zur Feierkultur dazu und haben ihren Platz in geselligen Runden. Doch ihr Einfluss auf das Trinkverhalten ist nicht zu unterschätzen. Die lockere Stimmung, die durch solche Sprüche entsteht, kann leicht in übermäßigen Konsum übergehen und Menschen dazu verleiten, mehr zu trinken, als sie sich vorgenommen haben.
In diesem Sinne: „Prost, aber mit Verstand!“
PS: Wer nicht weiß, wie man sich in „kritischen“ Situaationen verhalten könnte, findet vielleicht noch diesen Artikel im Focus interessant, in dem darum geht, „schlagfertig nüchtern zu bleiben“.
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